Es duftet wieder nach Gansl-Braten!
Was ist eigentlich der Grund, warum es zu Martini ausgerechnet den Gänsen an den Kragen geht? Der Legende nach ihr lautes Geschnatter. Die heimische Kulinarik kennt noch einen anderen: Weil ein Gansl, fachgerecht zubereitet, als herbst-winterliche Delikatesse besonders gut schmeckt!
Im Gänsestall versteckt
Um den Heiligen Martin ranken sich mehrere Legenden. Als er noch Gardeoffizier im französischen Amiens war, teilte er im Winter seinen Mantel mit einem frierenden Bettler. Und als die Einwohner der Stadt Tours im Jahr 371 den bescheidenen Martin gegen seinen Willen zum Bischof ernannten, versteckte er sich in einem Gänsestall, aber das laute Geschnatter verriet ihn.
Sein Namenstag wird am 11. November gefeiert und mit zahlreichen Bräuchen verbunden, u.a. mit dem Auftischen eines köstlichen Martinigansls. Alten Berichten ist zu entnehmen, dass es allerdings auch ein vorchristliches Opferfest gab, das mit dem Verspeisen von Gänsen in Zusammenhang stand. Solche Geschichten lieben die Gläubigen und so wurde der Heilige Martin einer der bekanntesten katholischen Heiligen, obwohl er nie heiliggesprochen wurde.
Vielgepriesene innere Werte
Dass sich die Gänse um Kopf und Kragen geschnattert haben, mögen sie selber bereuen, die Feinschmecker:innen aber freut´s. Und so gibt es zahlreiche Rezepte für das Martinigansl, von klassisch bis kühn. Sogar vegane Alternativen werden angeboten. Diese sind aber nicht dem Begriff „Falsche Gans“ zuzuordnen, denn darunter versteht man ein gefülltes Stück Schweinefleisch.
Bekanntlich kommt es im Leben auf die inneren Werte an, auch bei einer gebratenen Gans, denn ein Martinigansl wird meistens gefüllt. Höchst umfangreich dabei auch die Ideenfülle: Maroni, Äpfel, Orangen, Zwiebeln, Rotkraut, Erdäpfelbiskuit, Knödelmasse, Pilze, Speck, Datteln, Nüsse… Dazu die richtigen Gewürze, von denen Majoran ganz oben rangiert. Der Beifuß mit dem Beinamen Gänsekraut macht fettreiches Fleisch übrigens besser verträglich. Eigentlich kann man der Gans alles in den Bauchraum schieben, was gut schmeckt und dem Gesamtaroma zuträglich ist. Beim sogenannten Bridieren verschnürt man sie wie ein Geschenkpaket mit Küchenspagat.
Schonende Behandlung, saftiger Genuss
Obwohl die Gans von alledem nichts mehr mitbekommt, will sie doch beim Braten sanft und fachgerecht behandelt werden, sonst reagiert sie zwar nicht mit aufgeregtem Geschnatter, aber mit abweisender Trockenheit.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ein Martinigansl wird für gewöhnlich nicht mit Martini übergossen, sondern – je nach Gänsebratenideologie – zum Beispiel mit kochend heißem Wasser, Eigensaft, Bier, Honigwasser und Salzlösung. Nicht vergessen aufs Einstechen und Umdrehen zur richtigen Zeit, damit sie richtig knusprig wird. Und bitte auch fachkundig tranchieren! Es ist die Rache der Gänse, dass man beim Braten und Servieren so einiges falsch machen kann.
Dieselbe Fürsorge, die man der Bratgans angedeihen lässt, verdienen übrigens auch die lebenden Gänse, deshalb versteht es sich, dass man beim Kauf auf die Haltungsbedingungen achtet. Ohne leidvoll gemästet zu werden, sollen Gänse Wiesen abgrasen dürfen, gutes Getreide als Futter erhalten und stressfrei geschlachtet werden.
Spruch aus der Gänsefeder
Weil Gänsefedern auch als Schreibfedern dienten, wurden der Gans viele literarische Denkmäler gewidmet, hier soll der Heilige Martin selbst zum Martinsbrauch zu Wort kommen. Der Spruch ist selbstverständlich unter Gänsefüßchen gesetzt:
„daß alle zeit zu Jares Frist / Wenn unser Tag und Feyrtag ist / Ein feiste Ganß / auß ihrem Geschlecht / Am Fewer gebraten werde recht: Und mit Pracht auff den Tisch gesetzt: Damit dieselb / zu guter letzt / Ehtliche Leut mögen verzehrn / Sanct Martin und der Ganß zu Ehrn.“